Wie viel Spiritualität braucht ein Unternehmen? Vielfältige Antworten an der 28. Kappeler Veranstaltung.
Für Spiritualität sind Religionen zuständig, für Innovationen sind es Unternehmen. Zu kurz gedacht, wie sich an der jüngsten Veranstaltung des Forums Kirche & Wirtschaft in Kappel zeigte. Beide – Spiritualität und Innovationen – gehören zusammen, bedingen sich gar gegenseitig.
«Die besten Ideen kommen in der Stille.» So formulierte es Anna Gamma, langjährige Geschäftsleiterin des Lasalle-Instituts und Zenmeisterin. Es sei ein Abenteuer, sich auf Stille einzulassen – alleine ist dies eher einfach und auch auszuhalten. In einer Gruppe wird es dann schon bedeutend schwieriger. Patrick Renz, Professor für Management an der Hochschule Luzern, verwies in diesem Zusammenhang auf das synodale Gespräch, wie es in der Kirche angewandt wird. Das Gespräch beginnt mit einem Lied oder einem Gebet; dann teilt jede Person mit, was sie in dieser Stille bewegt hat. Die anderen hören «nur» zu. «Man redet nicht rein», lautet das Prinzip. Und ein zweites Prinzip gilt ebenfalls: «Jede Person hat gleich viel Zeit.» Für Richard Schäli, Jungunternehmer aus San Francisco zum Gespräch zugeschaltet, heisst das, die Empfänglichkeit zu erhöhen: «So entstehen Ideen.» Innovation sei – so Renz – ein «organischer Prozess aus einer Gruppe heraus».
Austausch – nicht Schlagabtausch
Im zweiten Schritt des synodalen Gesprächs äussern sich alle zu den von den anderen gesagten Gedanken. Erst in der dritten Runde werden gemeinsame Linien gesucht und formuliert. Und das immer mit der Idee im Hinterkopf, da fehle noch etwas. Jörg Hächler, Strategy Lead bei Roche Diagnostics dazu: Erst wenn das Problem erkannt und verstanden sei, könne ein Innovationsprozess einsetzen. Menschliche Offenheit sei die Voraussetzung für «die Öffnung des Blickwinkels».
New Leadership
In der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie sind in den letzten Jahrzehnten verschiedenste Management-Modelle beschrieben worden. Patrick Renz geht von einem Dreieck aus, in dem Spiritualität einen wichtigen Platz einnimmt. Die eine Ecke nehmen engagierte Mitarbeitende ein, die zweite Ecke die Führungsperson und in der dritten Ecke sind das Ziel und der Geist zuhause. Auffallend ist das Fehlen von hierarchischen Machtstrukturen, welche gemäss allen Podiumsteilnehmern der Innovationskraft nicht förderlich sind. Es kommt auf die Kraft der Beziehungen an. Manuel Bieler, reformierte Pfarrer in Baar, formulierte es in seiner Einstimmung in der Klosterkirche wie folgt: Beziehung sei die Grundstruktur der Innovationslogik der christlichen Spiritualität. «Innovation ist ein Beziehungsgeschehen.» Anna Gamma betont, dass Innovation dann gelinge, wenn alle Beteiligten auf Augenhöhe miteinander unterwegs seien.
Verantwortung für die Gesellschaft
Alle Podiumsteilnehmer waren sich darin einig, dass Innovation nie Selbstzweck sei. Verantwortung gehört dazu. Verantwortung gehört dazu, im Unternehmen selber wie auch für die Gesellschaft im globalisierten Umfeld. Im Unternehmen bedeutet dies, Verantwortung abzugeben, auch wenn ein Projekt scheitern könnte. In der Pharma gelinge auch nicht jedes Projekt. Jörg Hächler dazu: «Ein mögliches Scheitern gehört zu einem innovativen Denken.» Scheitern bringe ebenfalls Erkenntnisgewinn. Patrick Renz erinnerte zum Abschluss an den gesellschaftlichen Kontext jeder Innovation, «für ein gutes Leben auf der Erde, über den eigenen Horizont hinaus». Patrick Renz erwähnte eine der grössten Innovationen in der Spielzeugindustrie des 20. Jahrhunderts, die Legosteine. So genial die Erfindung ist, so sollte doch jedes Kind auf dieser Welt diese Spielmöglichkeit erhalten.
Text: Franz Lustenberger, Journalist
Fotos: FOTOlight müller




















